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Vererbungslehre und ihre Folgen

Mapacha Kalles, Genetik

.. ein Wissen, was gerade  verantwortungsvolle Züchter haben sollten…

Was ich bereist in meiner Ausbildung zur Verhaltenstherapeutin gelernt habe, anschließend in der Praxis gearbeitet habe und bis heute durch Weiterbildungen von Ridgeback International und perNaturam weiter lernen konnte ist u.a.:

…das das Verhalten von Hunden vererbt  wird und von 3 Positionen beeinflusst wird:

  1. dem ererbten Verhaltensrepertoire (Genetische Dispositionen)
  2. dem bislang Erlernten (Umwelteinflüsse)
  3. der konkreten Situation (Objektive Gegebenheiten sowie Emotions- und Motivationslage des Hundes)

Was bedeutet dies für Züchter?

„Die genetische Disposition für Aggressivität scheint unabhängig von der Vererbung der Veranlagungen für Ängstlichkeit/Unerschrockenheit zu sein. Das würde erklären, warum Aggressivität in so vielen Verhaltenszusammenhängen auftreten kann. Den konkretesten Beweis für Vererbung von Problemverhalten erbrachten Dodman et. al. (2010), die vermittels Genomanalyse die Zwangsverhalten (compulsive disorder) beim Dobermann auf einen Gendefekt auf dem Chromosom 7 zurückführen konnten.“

Die Voraussetzung für eine gezielte Zucht sind genetische Unterschiede zwischen einzelnen Individuen, also unterschiedliche Genotypen, die man bevorzugen oder ausschließen kann (Selektionsdifferenz). Bei allgemeinen Verhaltensmerkmalen kann es schwierig sein, zwischen Umwelteinflüssen und genetischer Varianz zu unterscheiden, bei spezifischem Verhalten (z.B. Arbeitsverhalten) ist es für erfahrene Züchter gut möglich.

Will man als Züchter seine Maßnahmen auf eine wissenschaftliche Grundlage stellen, muss  man sich mit den Grundlagen der quantitativen Vererbung vertraut machen. Je mehr Gene an der Ausprägung einer Disposition beteiligt sind, umso größer ist die Anzahl der Heterozygoten im Vergleich zu den wenigen homozygoten Hunden, seien sie dominant oder rezessiv. Die Verteilung der möglichen Genotypen folgt einer Gauss’sche Normalverteilung mit dominanter Homozygotie an einem Ende und rezessiver Homozygotie am anderen. Der Kurvengipfel liegt in der Mitte bei maximaler Heterozygotie.  Bei quantitativer Vererbung kann man davon ausgehen, dass stark ausgeprägten Merkmalen eine hohe Anzahl homozygot vorliegender Genpaare zugrundeliegen. Derartige Merkmalsträger sind, je nachdem, ob es sich um negative oder positive Merkmale handelt, auszuschließen oder bevorzugt einzusetzen. Um die Umwelteinflüsse auf die Zuchtwertbeurteilung zu minimieren, sollten möglichst viele Informationen über nahe Verwandte mit herangezogen werden. Bei kleinem Genpool, der Zuchtausschlüsse verbietet, empfehlen sich gezielte Paarungen anhand einer computergestützten Zuchtwertschätzung oder wenigstens die Erhöhung der Heterogenität.

Ein Beispiel: „Die Linie des Vaterrüden ist bekannt als „schwer Erziehbar“ oder der Vaterrüde ist selbst schon „negativ“ aufgefallen. Die  Mutterhündin selbst  hat mehrfach, ohne ersichtlichen Grund, aggressives Verhalten gezeigt und Beißereien angefangen. Beide Tiere bringen genetisch einen hohen Anteil an homozygoten Genpaaren mit. Ein erfahrener Züchter würde Abstand von solcher Verpaarung nehmen und diese Hunde aus der Zucht nehmen.

Die einfachste Empfehlung ist, dem gesunden Menschenverstand zu folgen. Mit einem wiederholt durch Ängstlichkeit oder Aggressivität aufgefallenen Hund sollte man zur Risikominimierung gar nicht züchten. Umwelteinflüsse wie „schlechte Erfahrungen“ werden gern zur Entschuldigung herangezogen, diese Argumentation ist allerdings wenig überzeugend. Wenn es nicht möglich ist, bei einem Hund eine schlechte Erfahrung durch nachfolgende positive Erfahrungen zu überlagern, bestehen Zweifel an der Stabilität des ererbten Temperamentes. Hunde in unserer modernen Welt müssen fehlertolerant sein. Sind sie das nicht, sind sie nicht als Zuchttiere geeignet.

„aus dieser Beispielverpaarung sind Hunde entstanden, welches dieses Verhalten klar zu Tage bringen. In einer harmonischen Umgegebung ist der Hund aufgewachsen, die Außeneinflüsse waren immer positiv. –  Es kam zu einem Übergriff auf einen Menschen.“

Jeder verantwortungsvoller Züchter weiß, daß die Nachzuchten „genetische Merkmale“  ans Tageslicht bringen.

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Osteochondrosis dissecans –  OCD

Die OCD ist eine spezielle Form der Osteochondrose. Unter dem Begriff Osteochondrose (Osteochondritis) werden in der Tiermedizin vielfältige und uneinheitliche Entwicklungsstörungen und degenerative Prozesse zusammengefasst, die durch Störung der enchondralen Ossifikation (Umwandlung und Differenzierung von Knorpel- und Knochenzellen) und deren Folgeschäden in der Wachstumsphase charakterisiert sind.

Von einer OCD spricht man dann, wenn sich bei der Störung sog. Dissekate (Schuppen aus Knorpel/Knochen, „Gelenkmäuse“ ) an den betroffenen Gelenkflächen ablösen.

Die OCD kann beim Hund an fast allen Gelenken auftreten. Die häufigsten Praedilektionsstellen sind neben dem Schultergelenk alle mechanisch besonders beanspruchten Gelenke wie Ellbogen, Knie und Tarsus. Ein gehäuftes Auftreten der OCD des Schultergelenks beobachtet man bei schnellwüchsigen mittelgroßen und besonders großen Hunderassen. Typisch ist eine in der Regel plötzlich einsetzende Lahmheit, die häufig schon durch ein geringes Trauma ausgelöst werden kann, wobei es dann zu Abhebung oder Ablösung einer Schuppe von der Gelenkfläche gekommen ist. Vorrangig zeigt sich die Erkrankung im 4.-6., mitunter bis zum 8. Lebensmonat.

Die Ausprägung der Lahmheit ist in Stärke und Dauer sehr unterschiedlich und hängt vom Ausmaß der osteochondrotischen Veränderungen ab. Eine tierärztliche Behandlung ist immer notwendig und muss fast ausschließlich eine chirurgische sein, da es ansonsten immer zu einer Arthrose im Schultergelenk mit lebenslanger Lahmheit und zu Schmerzen führt.

Als die entscheidende Ursache- als Basisfaktor wird heute von der Wissenschaft die konstitionell-genetische Disposition angesehen. Man rechnet diese Erkrankung, wie auch z.B. Hüftgelenkdysplasie (HD), Patellaluxation (PL) und Ellbogendysplasie (ED) zu den genetisch beeinflussten Skeletterkrankungen des Hundes.

Ohne eine genetische Disposition des Tieres kann es nicht zum Auftreten dieser Erkrankung kommen.

Dazu beigetragene Fehlernährung und/ oder Haltungsfehler in der Wachstumsphase sind dann nicht gegeben, wenn die Bildgebung eine identische Dissekate Ablösung beider Schultergelenke zeigt.

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Mendelsche Regeln – Die Vererbungslehre

Die Mendelschen Regeln beschreiben den Vererbungsvorgang bei Merkmalen, deren Ausprägung von jeweils nur einem Gen bestimmt wird (monogener Erbgang). Die Mendelschen Regeln gelten nur für Lebewesen, bei denen sich im Zuge der sexuellen Fortpflanzung diploide und haploide Stadien (mit zwei bzw. einem Chromosomensatz im Zellkern) abwechseln.  Für Organismen mit höherem Ploidiegrad (Polyploidie) lassen sich entsprechende Regeln ableiten. Viele Merkmale werden allerdings polygen vererbt durch das Zusammenwirken mehrerer Gene.

Beispiele für eine nicht-mendelsche Vererbung sind die Genkopplung, die extrachromosomale Vererbung, die nicht-zufällige Segregation von Chromosomen und der Meiotic Drive.

Regel 1: Werden zwei Individuen miteinander gekreuzt, die sich in einem Merkmal unterscheiden, für das sie beide jeweils homozygot (reinerbig) sind, dann sind die Nachkommen der ersten Generation (Tochtergeneration F1) uniform, d. h. gleich bezogen auf das untersuchte Merkmal. Diese Uniformitätsregel oder Reziprozitätsregel gilt sowohl für den Phänotyp als auch für den Genotyp, welcher bei allen Individuen der F1-Generation heterozygot (mischerbig) ist.

Für die Ausprägung des Merkmals tritt je nach dessen Erbgang eine von drei Möglichkeiten ein:

  • Beim dominant-rezessiven Erbgang haben alle Mitglieder der F1-Generation denselben Phänotyp wie ein Elternteil. Beispiel: Bei Erbsen ist die rote Blütenfarbe dominant gegenüber der weißen, die Anlage für weiße Blüten wird daher als rezessiv bezeichnet. Wenn reinerbige rotblühende und reinerbige weißblühende Individuen gekreuzt werden, haben alle Mitglieder der F1-Generation ein Allel für weiß und ein Allel für rot vererbt bekommen, sie sind heterozygot. Trotzdem sind sie alle rotblühend, weil rot gegenüber weiß dominant ist.
  • Beim intermediären Erbgang haben alle Mitglieder der F1-Generation eine Mischform der elterlichen Merkmale, man spricht auch von unvollständiger Dominanz. Ein Beispiel ist die Blütenfarbe der Wunderblume Mirabilis jalapa: Wenn rot- und weißblütige Exemplare gekreuzt werden, so haben alle Nachkommen rosafarbene Blüten. Die vollständige Dominanz ist allerdings ein idealer Grenzfall; es gibt alle Abstufungen bis hin zum perfekten intermediären Erbgang.
  • Beim kodominanten Erbgang bilden alle Mitglieder der F1-Generation beide Merkmale der Eltern separat aus. Ein Beispiel dafür sind die Allele A und B im AB0-System der menschlichen Blutgruppen.

Ausnahmen von der 1. Regel können auftreten, wenn sich das Gen für ein untersuchtes Merkmal auf einem Geschlechtschromosom (Gonosom) befindet. Dann kann es sein, dass die F1-Generation nicht uniform ist.

Regel 2: Spaltungsregel

Die Spaltungsregel oder Segregationsregel gilt, wenn zwei Individuen gekreuzt werden, die beide gleichartig heterozygot sind, also z. B. zwei Rhodesian Ridgeback rein. Livernose und rein SchwarzNasig und gleiche Erbanlagen haben. Das kann etwa die F1-Generation des vorherigen Abschnitts sein. In Beschreibungen der mendelschen Regeln werden die Nachkommen einer solchen Heterozygoten-Kreuzung daher als Enkel- oder zweite Filialgeneration (F2) bezeichnet. Die Nachkommen aus dieser Paarung sind untereinander nicht mehr uniform, sondern spalten sich sowohl im Genotyp als auch im Phänotyp auf.

  • Handelt es sich um eine dominant-rezessive Vererbung, so sind durchschnittlich ein Viertel der F2-Individuen reinerbig mit zwei rezessiven Allelen und zeigen eine entsprechende Merkmalsausprägung (z. B. weiße Erbsenblüten). Die anderen drei Viertel zeigen im Phänotyp die dominante Erbanlage. Diese drei Viertel setzen sich zusammen aus einem Viertel reinerbige und zwei Vierteln mischerbige Individuen. Insgesamt besteht also im Phänotyp ein Verhältnis von 3:1, im Genotyp ein Verhältnis von 1:2:1. Bei dominant-rezessiver Vererbung sind also in der zweiten Nachkommengeneration, der F2-Generation, 25 Prozent der Individuen homozygote Träger des dominanten Merkmals und 50 Prozent heterozygote Träger des dominanten Merkmals. Das fand Gregor Mendel durch Rückkreuzungen heraus. Die mischerbigen Individuen, die das dominante Merkmal ausprägen, aber auch die rezessive Erbanlage vererben können, nennt man Konduktoren.

1. + 2. Regel im dominant-rezessiven Erbgang, wie er z. B. bei der Nasen und Augenfarbe der Rhodesian Ridgeback auftritt.
Elterngeneration P mit jeweils reinerbigen Anlagen für Braun (bs/bs) bzw.  Schwarz (B/B).
F1-Generation: Alle Individuen sehen gleich aus. Auch bei den mischerbigen Exemplaren reicht die dominante Erbanlage für die Bildung des Braunpigments auf nur einem Allel aus, um eine volle Ausprägung des Merkmals braunnasig zu erreichen, obwohl das andere Allel die Erbanlage braun, also das Fehlen des Braunpigments beinhaltet.
F2-Generation: Dominante  und rezessive  Erscheinungsformen zeigen ein Verhältnis von 3:1.
  • Bei intermediärer Vererbung weisen jeweils durchschnittlich 25 % der Nachkommen das Merkmal eines der beiden reinerbigen Individuen auf, etwa 50 % der Nachkommen bilden eine Mischform der beiden Merkmale aus (unvollständige Dominanz). Das Mengenverhältnis ist beim Phänotyp und beim Genotyp jeweils 1:2:1. Der Genotyp ist in diesem Falle am Phänotyp erkennbar.

Regel 3: Unabhängigkeitsregel

Dihybrider Erbgang bei Hunden: Länge des Fells und Weißscheckung

Die Unabhängigkeitsregel oder Neukombinationsregel beschreibt die Vererbung von zwei betrachteten Merkmalen (dihybrider Erbgang) die gleichzeitig vorhanden sind, bei der Kreuzung reinerbiger Individuen und deren Nachkommen. Beide Merkmale werden unabhängig (daher der Name der Regel) voneinander vererbt, da die Gene auf verschiedenen Chromosomen liegen, wobei ab der F2-Generation neue, reinerbige Kombinationen auftreten.

Beispiel im nebenstehenden Erbschema: P-Generation: Jedes Elterntier besitzt je ein dominantes und ein rezessives Merkmal jeweils reinerbig (homozygot). F1: Nach der 1.Regel sind alle Individuen in Genotyp und Phänotyp gleich und mischerbig (heterozygot). Sie prägen die dominanten Merkmale im Phänotyp aus. F2: Nun sind alle Allelkombinationen möglich. Die Merkmale werden unabhängig voneinander vererbt, so dass neue Kombinationen auftreten können. Durchschnittliches Zahlenverhältnis der Phänotypen 9:3:3:1 Bei diesem Beispiel in der F2-Generation: 9 voll pigmentierte mit kurzem Fell, 3 voll pigmentiert mit längerem Fell und 3  gescheckte mit kurzem Fell, sowie ein  komplett gescheckter mit längerem Fell entstanden durch Neukombination der beiden rezessiven Merkmale. Die Spaltungsregel und die Unabhängigkeitsregel stehen in Einklang mit der Chromosomentheorie der Vererbung.

Die Unabhängigkeitsregel gilt allerdings nur dann, wenn sich die für die Merkmale verantwortlichen Gene auf verschiedenen Chromosomen befinden, die durch die Meiose voneinander getrennt werden, oder wenn sie auf dem gleichen Chromosom so weit voneinander entfernt liegen, dass sie während der Meiose durch Crossing-over regelmäßig getrennt voneinander vererbt werden. Befinden sich Gene auf dem gleichen Chromosom nahe beieinander, so werden sie in Kopplungsgruppen vererbt.

Bei den beiden hier beispielhaft dargestellten Merkmalen handelt es sich um dominant-rezessive Erbgänge. Werden jedoch ein oder beide Merkmale intermediär vererbt, so werden die Phänotypen nicht im Zahlenverhältnis 9:3:3:1 ausgebildet. Im Genotyp bleiben die Zahlenverhältnisse bei allen Erbformen gleich. Alle Verhältnisse lassen sich durch Ausrechnen der obigen Matrix (Punnett-Quadrat) leicht ermitteln.

F2 am Beispiel von Vergissmeinnicht